Yedid nefesh Konzert Am 17. März 2019 besuchten die Hebräisch-Kurse des Ceciliengymnasiums das Konzert „Yedid nefesh – ידיד נפש“ (Seelenfreund), das im Rahmen der Woche der Brüderlichkeit in der Neustädter Marienkirche stattfand. Mit Freude hörten wir Synagogalmusik und Orgelwerke von jüdischen Komponisten, u. a. von Louis Lewandowski (1821-1894) und Salomon Sulzer (1804-1890). Die Kompositionen wurden von dem Jugendvokalensemble „VokalTotal“, Ivo Kanz und Ruth M. Seiler an der Eule-Orgel und Paul Yuval Adam, dem Kantor der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld, musiziert. Die Leitung hatte Ruth M. Seiler.

VokalTotal entwickelte sich vor einigen Jahren aus der Bielefelder Kinderkantorei zu dem ungefähr 20-köpfigen erfolgreichen Jugendvokalensemble. Seit vielen Jahren ist Paul Yuval Adam Kantor der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld. Er studierte Gesang an der Schola Cantorum Basiliensis in der Schweiz und die kantorale Musikpraxis der Synagoge in Israel.

Das Konzert hatte einen Schwerpunkt in der Synagogalmusik des 19. Jahrhunderts, zeigte aber auch deren Weiterentwicklung bis heute (Aaron Copland, Andrew Bleckner, Stephen Richards u. a.). Den Zuhörerinnen und Zuhörern wurden etliche Gebete des jüdischen Gottesdienstes vielseitig, musikalisch stark und von der Programmgestaltung her sehr gut vorgestellt. Das Konzert startete mit dem Anfangsgebet des Schabbatgottesdienstes: „Ma Towu“ (Wie schön sind deine Zelte, Jakob, wie schon deine Wohnstätten, Israel!, Num 24,5), komponiert von L. Lewandowski – ein sehr schöner gottesdienstähnlicher Einstieg. Wie auch viele andere Werke wurde es auf Hebräisch von dem Ensemble im Wechselspiel mit Paul Yuval Adam sehr harmonisch gesungen und von der Orgel passend begleitet. Doch nicht nur hebräische Werke wurden gesungen, sondern auch eine Komposition in Englisch (Aaron Copland: „Thou, o Eternal, abideth forever“) und Psalmen in deutscher Sprache, wie z. B. Psalm 121, der die Zuneigung der Menschen zu Gott und dessen Unterstützung thematisiert. Beim Hören der Psalmengesänge wurde deutlich, dass deren Inhalt raffiniert mit der musikalischen Gestalt verbunden wurde, wie es z. B. bei Psalm 36 (Ewiger, an den Himmel reicht deine Huld) der Fall war. Dieser Psalm spricht von Gottes Kraft und Unterstützung, die durch verschiedene sprachliche Bilder verdeutlicht werden. Darunter ist auch das Gleichnis von Gottes Gerichten und der „unermesslichen Tiefe“, das auch in tiefer Tonlage gesungen wurde.

Sehr berührend war das „Aschamnu“ (Wir haben uns schuldig gemacht) aus dem Gottesdienst an Jom Kippur, dem Versöhnungstag: Von א (dem ersten Buchstaben des hebräischen Alephbets) bis ת (dem letzten Buchstaben des Alephbets) bekennt die Gemeinde ihre Verfehlungen. Die Gemeinde (Chor) nimmt jeweils das vom Vorbeter (Kantor) Gesungene auf, in der Vertonung Immanuel Faißts geschah dies überaus innig und mit beeindruckend gehaltener Spannung.

Gerade durch den überragenden Gesang Paul Yuval Adams, die ausdrucksstarke Präsenz des Ensembles VokalTotal und die künstlerische Leistung der beiden Organisten Ivo Kanz und Ruth M. Seiler (auch Leitung) entstand eine atemberaubende Atmosphäre, die durch den besonderen Klang in der Kirche abgerundet wurde.

Die gesamte Zuhörerschaft war so begeistert von der musikalischen Leistung, dass nach minutenlangem Beifall als Zugabe „Shalom Rav“ von Ben Steinberg gesungen wurde.

Mit Sicherheit wird uns allen dieses eindrucksvolle und spirituelle Konzert lange im Gedächtnis bleiben und die Vorfreude auf die nächsten Konzerte, die durch die christlich-jüdische Zusammenarbeit entstehen werden, nur verstärken.