Jüdischer FriedhofAm Sonntag, 26.04.2015, besuchten die Hebräischkurse den jüdischen Friedhof. Dr. Stephan Probst führte uns über den ehrwürdigen Boden neben dem Johannisfriedhof, der wie sein christlicher Nachbar ebenfalls unter Denkmalschutz steht.

Und das nicht ohne Grund: Der 1891 eingeweihte Friedhof weist eine Vielzahl an historischen Dokumenten auf. So ist der älteste Stein über 350 Jahre alt.

Grabsteine vom ehemaligen jüdischen Friedhof am Bolbrinkersweg11 Grabsteine wurden vom ehemaligen jüdischen Friedhof am Bolbrinkersweg, der seit 1665 für jüdische Begräbnisse genutzt worden war, auf den neuen überführt.

JuedischerFriedhof2015 03„Hier liegt begraben die Frau Gitla, Tochter des Mosche Meir [...]", lässt sich die Inschrift des wohl ältesten Grabsteins noch schwer übersetzen. Geschrieben ist der Text nämlich auf Hebräisch.

Diese Tradition wurde aber von der sehr liberalen Gemeinde Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts vernachlässigt, da sich diese assimilieren wollte und das Deutschtum als wichtig empfand. Aus diesem Grund lässt sich auf einem Grab auch ein Kreuz finden – ein Eisernes Kreuz, der im Ersten Weltkrieg verliehene Verdienstorden.

Ausgerichtet sind die Grabsteine größtenteils zu den Wegen, es lassen sich aufwendig gestaltete Familiengräber finden und einige Gräber hatten und haben Blumen.

Das alles zeigt, wie liberal die Gemeinde vor der Schoah unter Rabbiner Felix Coblenz war, denn Gräber eines orthodoxen Friedhofs wären alle nach Osten ausgerichtet, Familiengräber sind dort ebenfalls nicht üblich.

Detail: Harfe spielener PuttoWir erfuhren viel über den Umgang mit Sterben und Tod im Judentum, einen jüdischen Friedhof und seine Grabsteine mit ihren Inschriften und Symbolen. Zugleich wurde ein Stück Bielefelder Stadtgeschichte anhand der Biographien der hier Begrabenen lebendig.

Fast zwei Stunden führte uns Herr Dr. Probst über den Friedhof, auf dem man noch viel mehr Zeit verbringen kann. Nach den Sommerferien wird es voraussichtlich eine weitere Führung geben, bei der vielleicht manch noch ungeklärtes Geheimnis geklärt sein wird.

  • Brocke, Michael, u. Christiane E. Müller: Haus des Lebens. Jüdische Friedhöfe in Deutschland. Leipzig: Reclam 2001.
  • Stratmann, Hartmut, u. Günter Birkmann: Jüdische Friedhöfe in Westfalen und Lippe. Düsseldorf: der kleine verlag 1987.
  • Garten-, Forst- und Friedhofsamt der Stadt Bielefeld/Deutsch-Israelische Arbeitsgemeinschaft (Hrsg.): המקום הטוב. Der gute Ort. Die jüdischen Friedhöfe in Bielefeld. Bielefeld 1987.
  • Spurensuche – Jüdische Friedhöfe in Deutschland
  • epidat – epigraphische Datenbank (Datenbank zur jüdischen Grabsteinepigraphik)
  • Beth Olam – „jüdischer Boden für immer und ewig". Der neue jüdische Friedhof in Bielefeld (Film, 2015)