Boltanskis Installation Reichstag Urheberrechecht wikicommons BodhisattvaEine Schwerpunktsetzung des diesjährigen Kunstunterrichtes der Q2 zum Thema „Konstruktion von Erinnerungen“ erfolgte in Anlehnung an den zeitgenössischen französischen Künstler Christian Boltanski (geb. 1944 in Paris), bekannt für seine Installationen mit persönlichen Spuren, Gegenständen oder Fotos von unbekannten, teils bereits verstorbenen Menschen, die sich scheinbar wissenschaftlich-dokumentarisch, dennoch emotional aufgeladen durch die Präsentationsräume, künstliche Geräuschkulissen und Lichtinszenierungen, den Betrachter auf die Pfade seiner eigenen Fantasie schickend, präsentieren (beispielsweise das „Archiv der Deutschen Abgeordneten“ im  Untergeschoss des Reichstagsgebäudes, das unmittelbare Bezüge zu Gegenwart und Geschichte des Hauses installiert).

In einem Stationenlernen erfolgte einleitend die theoretisch-rezeptive Auseinandersetzung anhand von Werkanalysen im Kontext und vor dem Hintergrund von Boltanskis Biografie.

Stellvertretend für diese Phase stehen drei Kompositionsskizzen zu den Werken Personne, Grand Palais in Paris, 2010, und Chance, 2011 französischer Pavillon auf der Biennale in Venedig.

Die im Praxisblock – ausgehend von einem ausgewählten Schwarz-Weiß-Foto einer unbekannten Person (Netz, Bücher, unbekanntes Familienarchiv) – entstandenen Schülerarbeiten konstruieren die Biografie einer „fiktiven“, aber möglichen Person.

Ziel der Aufgabe ist die künstlerische Auseinandersetzung mit dieser erfundenen Person als ein kleiner Beitrag zur individuellen Entwicklung vor dem Hintergrund sozio-kultureller Kontexte.

In einer „Kiste der Erinnerung“ mussten passende Accessoires und Gegenstände, die beim Betrachter die entsprechenden Assoziationen zu dieser Person in ihrem Kontext hervorrufen, gefunden, erfunden, erschaffen und arrangiert werden.

Die Beispiele zeigen ganz verschiedene, individuelle Lösungswege.

Die Kisten wurden im Plenum vorgestellt und begutachtet.

Bewertungspunkte einer solchen Arbeit sind die Intensität der Konstruktion, die Kreativität, der kongruente Ausdruck des Werks und die Komposition.

Forschen in der eigenen Familienhistorie, Abgleichen mit historischen Kontexten, Suchen und Nachahmen von Gegenständen (ca. 1850 - 1970) konfrontierte die Schülerinnen und Schüler mit der eigenen Biografie, mit der Fragilität von Lebensentwürfen, mit der Erinnerung im Spannungsfeld von Spurensuche, Dokumentation, Wahrheit, Verfälschung, Mythos, Fiktion, Vergänglichkeit … und  Fragen, wie Identität entsteht, wie sich ein kollektives Gedächtnis formiert – und schließlich, wie sich individuelle Erfahrung in soziale Erinnerung verwandelt.