Matthias Dyck (Jgst. 13) nahm als unser Schülerreporter am Kirchentag in Bremen teil und berichtet von dort hier auf unserer Homepage 32. Deutscher Evangelischer Kirchentag 2009 in Bremen

Bereits knapp eine Woche vor dem eigentlichen Beginn des 32. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Bremen und umzu lud das Evangelische Jugendpfarramt Bielefeld zu einem Vorspiel: Im Auftaktgottesdienst am 14. Mai in der Altstädter Nicolaikirche wurden die zahlreichen Bielefelder Kirchentagsreisenden jugendlichen Alters bei Weitem nicht nur über ihre Busfahrpläne aufgeklärt, sie atmeten schon echte Kirchentagsluft. Dabei sangen sie nicht nur aus dem Kirchentagsliederbuch „FundStücke" (das neben altbekannten und vielgeliebten Kirchengassenhauern auch Neukompositionen enthält), auch das Programm stimmte ein, etwa mit Psalm 19 (dem diesjährigen Kirchentagspsalm) oder dem Kirchentagsmotto aus Genesis 3, 9 („Mensch, wo bist du"), das als Predigttext auf verschiedene Weisen reflektiert wurde.

Nicht ohne augenzwinkernde Seitenhiebe stellte das Gottesdienstthema Fragen nach Verantwortung (gegenüber der Natur, dem menschlichen Zusammenleben), nach Gerechtigkeit (von Geschlechter- bis hin zu Gütergerechtigkeit), schließlich nach Engagement (in Gesellschaft, in Politik). Nebenbei wurden einige Kirchentagsveranstaltungen zu eben diesen Themen vorgestellt. Der Bielefelder Jugendpfarrer Thomas Wandersleb ermunterte in einem kurzen, spontanen Statement zur Wahrnehmung politischer Verantwortung (und sei es lediglich das einfache Bekunden von Unzufriedenheit), ermutigte dabei auch zu einem „langen Atem" – schon ein flüchtiger Blick ins Programmheft zeigt: Kirchentagsluft riecht eben auch nach freier Diskussion aktueller politischer Fragestellungen.

Bielefeld zeigt übrigens starke Präsenz auf dem Kirchentag: Von der Evangelischen Jugend Bielefeld (die, wie Wandersleb anmerkte, das „stärkste Stück evangelischer Jugendarbeit in Westfalen" sei) fahren insgesamt 450 junge Menschen nach Bremen und teilen sich gar eine ganze „eigene" Schule als Unterkunft.

A wie Auftakt, B wie Begegnung

Mittwoch

37,7. Das ist der Altersdurchschnitt der etwa 100 000 Dauerteilnehmerinnen und -teilnehmer des Kirchentages. Der Kirchentag zeigt sich nämlich von Anbeginn an weder als staubiges Rentnertreff noch als reines Jugendfestival: Familien, Rentnerpärchen, größere wie auch kleinere Jugendgruppen beginnen am ausklingenden Mittwochnachmittag die Bürgerweide, Bremens zentral gelegenen Großparkplatz zwischen Bahnhof und Messezentrum, langsam auszufüllen. Allgegenwärtig sind auch die zahllosen jugendlichen Helferinnen und Helfer, zumeist kluftentragende Pfadfindergruppen, die als Platzanweiser, Verkehrshelfer oder hilfreiche Ansprechpartner fungieren; sie verkaufen spezielle Kirchentagslanyards oder geben gegen eine Spende den (diesjährig in einem milden blau gehaltenen) Kirchentagsschal aus oder sie hüten die Zugänge des Pressezentrums. Ihnen sei an dieser Stelle bereits jetzt ein würdigendes Denkmal gesetzt.

Mein Mitreporter vom Bielefelder Ratsgymnasium und ich suchen uns Plätze im Pressebereich in Bühnennähe, während das Vorprogramm des Eröffnungsgottesdienstes – parallel finden auch an zwei anderen Orten Eröffnungsgottesdienste statt – bereits auf den weiteren Abend einstimmt, so etwa mit dem Projektchor Capella temporale oder der Bremer Klezmergruppe Klezgoyim (auf den insgesamt elf Bühnen des Abends der Begegnung soll nämlich unter anderem auch Weltmusik geboten werden). Beide Gruppen werden uns auch durch den Gottesdienst selbst begleiten. Nach einigen Minuten des Schweigens beginnt schließlich feierlich der Eröffnungsgottesdienst des 32. Deutschen Evangelischen Kirchentages unter dem Motto „Jonas Wahl".

Der Eröffnungsgottesdienst auf der Bürgerweide, im Hintergrund das MessezentrumIn Sprechtexten, von Musik untermalt und um einige energiegeladene Rap-Einlagen bereichert, wird die Jona-Erzählung aus der Bibel nachgezeichnet, die Geschichte des rebellischen Propheten, der vor Untergang warnen soll, jedoch vor Gott und seiner Aufgabe flieht, Gott schließlich anklagt, weil dieser seine Strafe doch nicht eintreten lässt – und von Gott nicht nur Verantwortung, sondern auch Gnade lernt. Im gottesdienstlichen Rahmen lässt die Erzählung der Geschichte Raum für Besinnung, unterschlägt aber nicht ihre Relevanz. Als Leitmotiv in Gesang, Erzählung und Aktion dient das Schiff, das auch den Abend der Begegnung noch prägen wird. Die nachfolgende Predigt zum Kirchentagsmotto hält Renke Brahms, Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche: Auch er greift den Aufruf zu Verantwortungsbewusstsein auf, der ja auch eines der klassischen Grundanliegen des Kirchentages ist. Auf die Frage „Mensch, wo bist du?" müssten wir antworten, nicht weglaufen; Brahms geht auf zeitgenössische Missstände ein.

Bundespräsident Horst Köhler spricht ein GrußwortDie folgende Eröffnungsrede hält Kirchentagspräsidentin Prof. Dr. Karin von Welck, es folgen, dem Charakter der Eröffnungsfeier entsprechend, Grußworte verschiedener Vertreter aus Politik und Kirche, etwa von Bundespräsident Horst Köhler, Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier , dem katholischen Bischof Franz-Josef Bode wie dem Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen. Bode spricht seinen Gruß aus Sicht der Ökumene, wird doch schon nächstes Jahr der Zweite Ökumenische Kirchentag in München stattfinden. Steinmeier, der auch schon bei der Eröffnung des letzten Kirchentages in Köln sprach, outet sich zunächst als Reformierter und Kirchentagsfan, findet aber auch ernste, direkte Worte über die Wirtschaftskrise, andere sprechen über Kinderarmut oder Erderwärmung – die Grußworte bezeugen, was ich in den nächsten Tagen selber erleben werde: Es gibt wohl kaum eine aktuelle gesellschaftliche Diskussion, die auf dem Kirchentag, in Podienrunden wie in Bibelarbeiten nicht geführt werden wird.

Der Bremer Samba-Karneval begleitet die Kirchentagsbesucherinnen und -besucher zum „Abend der Begegnung“Das Schiff mit Jerusalemkreuz – ein Symbol des gesamten AbendNach dem Gottesdienst begleiten uns Gruppen des (schon seit 1986 traditionellen) Bremer Samba-Karnevals unter dem ständigen Tönen der Sambatrommeln zum „Abend der Begegnung", einem Straßenfest von wahren Kirchentagsausmaßen: Etwa 300 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer finden sich in Bremens „Guter Stube" zwischen Rathaus, Wallanlagen und Weser ein, genießen neben dem reichhaltigen kulinarischen Angebot auch Wetter und Musik. Der Weg zwischen Bürgerweide und Innenstadt ist ausgefüllt mit einer Menschenschlange, deren Anfang und Ende ich von meiner Position aus nicht ausmachen kann.

Mit dabei: Angelnde, schifffahrende, zeitunglesende Maskengruppen15 000 Menschen besuchen das Konzert der Echo-Preisträgerin Stefanie Heinzmann am WeseruferZwischen Aktionsständen und ökofairer Bratwurst drückt mir ein Helfer eine dünne Wachskerze in die Hand. Ich gönne mir für eine halbe Stunde das Bühnenprogramm der vielgerühmten Soul-Pop-Sängerin Stefanie Heinzmann, direkt am Weserufer (und in stimmungskonformer Abendrotromantik).

Nach einem kurzen Imbiss wandere ich an der Weserpromenade entlang. Eine große Zahl an Kirchengemeinden und Kirchenkreisen aus Bremen und Umgebung stellt sich an Ständen vor, einige informieren über ihre vielseitige Arbeit, andere bieten Getränke und Speisen an. Auf einer Shantybühne wird der zu Genüge bekannte Kirchenschlager „Möge die Straße" präsentiert – natürlich in echt norddeutschen Platt. (Irgendwo unterwegs verliere ich leider meine noch unentzündete Kerze, die ich mir in einem Laune der Unbedachtheit in mein Knopfloch steckte.)

dekt 2009 07 von bootenMein eigentliches Ziel, die Weltmusikbühne an der Martinikirche , erreiche ich allerdings erst zum Abendsegen. Es folgt nun der krönende Abschluss: Die Gäste entzünden ihre Kerzen und versammeln sich als ein Meer aus kleinen Lichtern am Weserufer, um der großangelegten Klangkompostition „Von Booten und Bäumen" zu lauschen, die vom Künstler Rochus Aust eigens für diesen Abend komponiert wurde: Etwa 1000 Chorsängerinnen und -sänger singen von einer langen Schlange an Booten auf der Weser und aus beleuchteten Schaukeln in den Bäumen der Wallanlagen. Bei genauem Hinhören zeigt sich: Die Singenden variieren das Kirchentagsmotto und laden mit der Frage „Mensch, wo bist du?" zu Meditation und Besinnung ein. Die Inszenierung aus Licht und Ton endet in mit dem Ertönen der Schiffshupen; mit den anderen Gästen des Kirchentages begebe auch ich mich zur Nachtruhe.

Theologisches, dazu Musik

Donnerstag

Sie weisen die längsteTradition in der nunmehr sechzigjährigen Geschichte des evangelischen Kirchentages auf: Bibelarbeiten sind unbestritten integraler Bestandteil eines jeden Kirchentag-Tages, gehalten werden sie zumeist von bekannteren Persönlichkeiten aus Kirche, Politik und Gesellschaft. Vorgegeben ist dabei immer nur der tagesaktuelle Bibeltext, die oder der Vortragende entwickelt aus der eigenen Perspektive heraus – vom Text ausgehend – eigene Gedanken, oft mit Gegenwartsrelevanz; obligat ist auch die musikalische Umrahmung, die einen sowieso auf dem ganzen Kirchentag begleitet.

Donnerstagmorgen: Jörg Zink hält eine Bibelarbeit zu 1. Mose 3Meinen ersten Besuch einer Bibelarbeit widme ich am heutigen Donnerstagmorgen Jörg Zink. „Ihnen Jörg Zink vorzustellen", lässt der Magdeburger Diakon Volker Hufschmidt zur Einleitung verlauten, „hieße, Eulen nach Athen zu tragen." Der 85-jährige Zink, Pfarrer i. R., wurde in Deutschland besonders als Buchautor und Sprecher des „Wortes zum Sonntag" bekannt, schon seit beachtlichen 56 Jahren ist er auf dem Kirchentag vertreten. Heutiger Arbeitstext ist Genesis 3, die Erzählung von der Fortschickung des Menschen aus dem Paradiesgarten, der auch das Kirchentagsmotto entnommen ist.

Zink deutet den Text vor dem Hintergrund seiner historischen Situierung: Entstanden sei er in der Phase der Sesshaftwerdung der israelitischen Nomaden und in Abgrenzung zur religiösen Praxis der benachbarten, alteingesessenen Bauern, die in heiligen Gärten matriarchale Fruchtbarkeitsgöttinnen verehrt hätten – Zink malt den Texthintergrund insbesondere als Theologe aus, wehrt sich aber auch in rezentem Zeitbezug gegen vier traditionelle Urteile, die in der Vergangenheit das Verständnis des Textes geprägt hätten: Das Verständnis als Grundlage für ein pessimistisches Bild des „gefallenen" Menschen, der „gefallenen", entbehrungsreichen Welt, der „gefallenen, sündigen" Rolle von Sexualität oder die Vorstellung von der Schuld der Frau. Im Gegenzuge erklärt Zink, wie diese Geschichte heute neu verstanden werden kann, er erzählt sie aus der Perspektive der agrarisch geprägten Verehrerinnen und Verehrer der Kultgärten, führt an, wie auch an anderen Stellen der Bibel der Garten als positives, nicht als unheilträchtiges Symbol aufgegriffen wird; schließlich weist er auf Jesus hin, der sich nicht als strafender, weltpessimistischer, sondern als heilender, wiederherstellender Gott gezeigt habe. In Zukunft, in Zeiten der Verantwortung für Frieden und Umwelt, sei „männliches und weibliches Menschsein zusammenzudenken", nicht in Hierarchie, sondern in Gemeinsamkeit.

Nach dem Schlusslied (es spielt und singt Clemens Bittlinger) verlasse ich das große Festzelt am Europahafen, verpasse allerdings meine Anschlussveranstaltung im Messezentrum. (Ich lerne: Auch auf einem „Kirchentag der kurzen Wege" ist der Gebrauch der zahlreichen Shuttlebusse nur von Vorteil.) Gegen Mittag besuche ich das Bühnenprogramm der Evangelischen Jugend Bielefeld im BLG-Forum. Mittlerweile traditionelles Element ist die Quizshow: Junge Moderatorinnen stellen diesmal Fragen an Jugendpfarrer Thomas Wandersleb, Landesjugendpfarrer Udo Bußmann und gar den Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß – ganz nach dem Motto „Das weiß doch jeder Konfi!". Anschließend  sprechen Wandersleb und Buß das Mittagsgebet, mit den drei anderen Tagzeitengebeten fester Bestandteildes Kirchentagsprogramms, es folgt auch ein kurzes Bühnengespräch der beiden unter dem Titel „Das gute Gefühl, ein Mensch zu sein", sie sprechen über Menschenwürde, Zweifel (den ständigen „Bruder des Glaubens"), Vertrauen auf Jesus Christus als „das Gesicht Gottes" – ein Kirchentag ist eben an allen Orten ein Gesprächsforum, auch hier im Zentrum Jugend.

„Was steht geschrieben?", fragt eine Gruppe renomierter Theologinnen und Theologen im Rahmen des Zentrums Bibel und stellt die Bibel als „Medizin gegen Fundamentalismus" vor, nehmen sich dabei des einen oder anderen heißen Eisens theologischer Kontroversen des Alltags an. Die Marburger Privatdozentin Dr. Claudia Janssen spricht zu Beginn in allgemeinerer Form über „richtiges" Bibelverständnis: Anstelle eines „positivistischen" Fundamentalismus (auf beiden Seiten einer Diskussion biblischer Streitfragen) plädiert sie zum einen für ein Bibelverständnis vor dem Hintergrund der Entstehungssituation eines Textes, der Aufklärung, der innerbiblischen Kontroversen, zum anderen aber auch für einen deutlichen Bezug zu unserem Leben, zu unserer Wirklichkeit. Warum wir die Bibel lesen? Janssen zitiert Dorothee Sölle: „Wir lesen die Bibel, weil wir nach Gerechtigkeit dürsten." Unsere Maßstäbe seien nicht objektiv – Janssen ermutigt zum Dialog mit Text und Gesprächspartner. Dem Vortrag folgen einige Impulse weiterer Theologinnen und Theologen: Prof. Dr. Ulrike Wagener antwortet unter der Überschrift „Warum Frauen in der Gemeinde nicht schweigen" auf eine immer noch aktuelle Kontroverse; einige der Vortragenden tragen verschiedene, sich gegenüberstehende Aussagen der Bibel zusammen. Wagener erläutert die nicht unwichtige Rolle der Frauen in den Evangelien (explizit etwa in den Passagen zur Auferstehungsgeschichte) und unter den frühen Christen; das Schweigegebot entspreche nicht der „Freiheit des Evangeliums".

Der emeritierte Bielefelder Alttestamentler Prof. Dr. Frank Crüsemann antwortet auf die Frage „Gelten die Zehn Gebote/Worte auch für Christen?“, der eine noch tiefsinnigere Fragestellung zugrunde liege, nämlich, wie Christen allgemein mit dem Ersten Testament umgingen. „Was gut ist, wurde zuerst Israel gesagt“ – der Dekalog verbinde uns mit Israel, auch mit der gesamten Torah, so Crüsemann. Prof. Dr. Peter Steinacker, Kirchenpräsident i.R., spricht über das Verhältnis von Bibel und Homosexualität: Zwar bejahten die biblischen Texte Homosexualität nicht, Ethik funktioniere aber anders als ein bloßes Zusammenstellen von Bibelzitaten; wir wüssten heute im Allgemeinen mehr über Homosexualität.

Abschließend stellen einige der Referentinnen und Referenten im Rahmen eines „Selbstverteidigungskurses gegen Fundamentalismus“ einige kommunikative Empfehlung, diskursive „Taktiken“ für Gespräche über heikle Themen und den Fall, dass „mir jemand Schriftzitate entgegenschleudert“, bewegen sich dabei insbesondere im Bereich persönlicher Anregungen und schöpfen auch aus eigenen Erfahrungen; so raten sie an, eine durchaus biblisch fundierte Argumentation zu vertreten, das Gespräch allerdings nicht in eine aggressive „Bibelschlacht“ ausarten zu lassen – unter Umständen sei die Gesprächsebene zu wechseln, vielleicht auf das persönliche Miteinander oder die eigenen Umgangsformen einzugehen. Generell sei es keineswegs Zielvorgabe, das Gegenüber zu überzeugen, vielmehr gehe es darum, „ein Zeugnis“ zu geben, nicht zu „richten“, sondern zu handeln und Barmherzigkeit (anstelle von Angst) zu üben. Schließlich, so wurde gegen Ende angemerkt, stehe Gottes Geist für Freiheit, das Ganze der Bibel sei bedeutungsgewichtiger als vielleicht einzelne Verse.

Trotz einiger (sanfter) Seitenhiebe gerät die Veranstaltung nicht zu einer etwaigen Verlesung eines Kampfprogrammes, sondern setzt sich einladend, theologisch – man möchte sagen: den Dialog bejahend – mit einigen in der aktuellen Diskussion um christlichen Fundamentalismus durchaus brisanten Streitfragen auseinander, eine Gangart, die im „Zentrum Bibel“ ja auch angemessen scheint. Hier, im ansehnlichen Hanse-Saal des Bremer Congress Centrums, ist auch Kirchentagsmusik nicht abwesend: Zusammen mit der Berliner Gruppe „Patchwork“ singt das Auditorium einige Stücke aus dem Kirchentagsliederbuch.

dekt 2009 09 auftritt der wise guysGegen Abend begebe ich mich zu meinem ersten größeren Kirchentagskonzert: Die Kindernothilfe, die diesjährig ihren fünfzigsten Geburtstag begeht, präsentiert in einer Konzertfeier das Dortmunder Musikprojekt „Just Gospel“ und anschließend die „Wise Guys“, die bremen- und deutschlandweit bekannte Vokalpopgruppe. Über 65 000 strömen mit mir auf die Bürgerweide – wieder einmal sind alle Altersgruppen vertreten. Das Wetter ist erfreulich gut, hat es doch erst wenige Stunden zuvor noch stark geregnet (was einige Konzertbesucher zum kurzfristigen Aufgeben ihrer Plätze in begehrter Bühnennähe zwang). Über zwanzig Songs präsentieren die Wise Guys in dem mehrstündigen Konzert, das einmal mehr zeigt: Auf dem Kirchentag wird auch gefeiert. Neben einigen Stücken ihres neuen Albums „Frei!“ (etwa „Relativ“, „Es ist nicht immer leicht“ oder auch „Mensch, wo bist du?“, offizieller Kirchentagsmottosong) präsentieren die Kölner auch ältere Hits („Sommer“, „Radio“) oder gar ganz alte Evergreens („Tekkno“). Die Stimmung ist denkbar gut – die Wise Guys animieren zum Mitsingen bekannter Songs (beachtlich: die Publikumseinlage bei „Sing mal wieder“), genießen ihren Auftritt sichtlich („Wir möchten euch sagen, dass wir uns in euch verliebt haben...“), stoßen ein ums andere Mal eine La Ola an, die natürlich die ganze Bürgerweide erfasst.

In Pausen zwischen den musikalischen Darbietungen stellt die Kindernothilfe in einigen Kurzvideos und im Bühnengespräch ihre Arbeit vor und lädt zu Engagement und Beteiligung ein, ein Stand informiert über die verschiedenen konkreten Möglichkeiten; in der Pause kommen zwei junge Schülerinnen auf die Bühne, die von dem in Schülerinitiative geführten Fair-Trade-Projekt ihrer Schule berichten, das die Arbeit der Kindernothilfe in Zukunft unterstützen will. Am Schluss bringen die Wise Guys ganze vier Zugaben – nach „Sonnencremeküsse“ lichten sich schließlich die Reihen der Zuschauerinnen und Zuschauer, die in ihre Unterkünfte zurückkehren.

Über Gerechtigkeit, Verantwortung und viel Geld

Freitag

dekt 2009 11 der amerikanische pastorMeine freitagmorgendliche Bibelarbeit zum Gleichnis vom Barmherzigen Samariter (Lukas 10, 25-37) hält der amerikanische Pastor Jim Wallis. Der oft als „linksevangelikal“ bezeichnete, insbesondere als Buchautor, durch sein soziales Engagement und in der Friedensbewegung der 80er bekannt gewordene Theologe tritt seit 1983 auf dem Kirchentag auf. Die Bibelarbeit wird in englischer Sprache gehalten, zusätzlich aber auch in Gebärdensprache und (über Kopfhörer) ins Deutsche übertragen; die mit den typischen Wellpapphockern bestuhlte Halle 6 des Messezentrums ist gut gefüllt, was etwa einer kleineren vierstelligen Besucherzahl entsprechen dürfte. Wallis' Beitrag ist ein Beispiel dafür, dass eine Bibelarbeit inhaltlich nicht allzu streng an den Text angelehnt sein muss. So stellt er etwa deutlichen Zeitbezug her, zur Wirtschaftskrise, zur Armut ganzer Kontinente, zu Sozialsünden, zur „culture of greed“ – insbesondere auch zur Rolle der Religion dabei; Religion solle dabei gerade zum Handeln rufen, nicht nur kurzfristig als „Good Samaritan“, sondern auch, indem die „Räuber“, in Übertragung: die Ursachen beseitigt würden. Praktische Religion sei die „essence of religion“, die Krise nicht nur eine Krise, sondern auch eine Chance für Veränderung. Im Anschluss an die Bibelarbeit stellen einige Zuhörerinnen und Zuhörer noch Fragen zu Aktienhandel und Global Players. Auch wenn die detaillierte Exegese des Textes im Hintergrund bleibt, hinterlässt die Bibelarbeit doch den Eindruck eines lebendigen und erfrischenden Impulses.

dekt 2009 10 schon zu einer kleinendekt 2009 16 erste evaluationenAnschließend verpasse ich auch heute meine Vormittagsveranstaltung im Zentrum Welthandel zum „Wirtschaftsmotor Rüstung“.

(Ich lerne: Zu Stoßzeiten kann selbst das größte Aufgebot an Shuttlebussen nicht alle Kirchentagsbesucherinnen und -besucher zur Überseestadt befördern.)

Stattdessen widme ich mich dem Markt der Möglichkeiten, besser gesagt: einem der drei Teilbereiche des Marktes der Möglichkeiten, „Horizonte des Glaubens“. In der eigenen Halle des Messezentrums stellen die unterschiedlichsten Gruppen, Gemeinden, Vereine und Initiativen ihre Arbeit vor, bieten Aktionen, manchmal einige Produkte (etwa fair gehandelte Cola) an und stellen ausführliche Informationen bereit. Organisatorisch wird schon seit Jahrzehnten bewusst darauf geachtet, dass die Stände von Vereinen unterschiedlicher Prägung und gegensätzlicher Ansichten räumlich nah beieinander liegen, vornehmlich, um den Dialog zu fördern – Spannungen waren dabei in der Vergangenheit natürlich nicht abwesend.

dekt 2009 13 standAm Stand des Diakonissen-Mutterhauses Altvandsburg ziehe ich mir ein Lesezeichen mit Bibelvers, im „Ökumenischen Dorf“ stellt die Herrnuter Brüdergemeine ihre bekannten Losungsbücher vor. Etwas weiter der Stand der Arbeitsgemeinschaft Ökumenischer Kreise in der Bundesrepublik Deutschland (AöK) e. V.: Die AöK ist seit dem 1. Ökumenischen Kirchentag anno 2003 in Berlin dabei, einige Ansprechpartner informieren über Gesichter der Ökumene, etwa über eine für den Mai des kommenden Jahres angesetzte ökumenische Fahrrad-Pilgerstaffel zwischen Berlin und München, dem Veranstaltungsort des 2. Ökumenischen Kirchentages 2010, oder über die deutschlandweit mittlerweile zwei ökumenischen Gymnasien in Bremen und Magdeburg; letzteres veranstaltet sogar regelmäßig Kirchentagsprojekte mit Schülern. Überhaupt ist Ökumene dem Deutschen Evangelischen Kirchentag nicht fremd – die (katholische) Bremer Kirche St. Johann spendierte der Arbeitsgemeinschaft einen eigenen Informationsstand in der Bremer Innenstadt.

Im Marktbereich „Christsein im Alltag“ stoße ich auf den Stand der Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung (AGfaN) e. V., an dem über (ungemäßigten) Fleischkonsum und seine Auswirkungen auf Gesundheit, Umwelt, Schicksal der Nutztiere und die Wirtschaft von Staaten der Dritten Welt aufgeklärt wird; man sammelt Unterschriften für eine Petition, die darauf zielt, dieses Thema in der Evangelischen Kirche in Deutschland stärker zur Sprache zu bringen. Überhaupt ist das Spektrum an „christlichen Themen“, die der Markt der Möglichkeiten ja repräsentiert, denkbar breit. Auf dem „Kirchplatz Zukunft“ wirbt die Sarah-Hagar-Initiative für Gender Mainstreaming, geschätzte zehn Meter weiter die „Hilfe zum Leben Pforzheim e. V.“ gegen Abtreibung. Auf dem Markt der Möglichkeiten gilt: nomen est omen.

„Globalisierung – und wo bist du?“, eine Veranstaltung des Zentrums Afrika auf der „Cap San Diego“dekt 2009 15Am Nachmittag begebe ich mich zu Bremens Europahafen, Liegeplatz für den „Kirchentag der Schiffe“. Hier liegt auch der Museumsfrachter „Cap San Diego“, auf dem die Zentren Welthandel und Afrika eingerichtet sind. Aufgrund der längeren Schlange vor dem Schiff gelange ich erst verspätet zur Nachmittagsveranstaltung „Globalisierung – und wo bist du? – Handlungsempfehlungen angesichts der globalen Krisen“, glücklicherweise wird letztere über Lautsprecher nach außen übertragen. Thematischer Schwerpunkt der Veranstaltung ist eindeutig Afrika, neben Moderator Dr. Ludger Weckel nehmen auch Simone Knapp (Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika – KASA, Heidelberg) und Dieter Simon (Koordination Südliches Afrika – KOSA, Bielefeld) an der Gesprächsrunde teil. Für die Politologin Frauke Banse vertritt der kurzfristig eingesprungene Dr. Boniface Mabanza, ebenfalls von der KASA, die Kasseler StopEPA-Kampagne. (Ausfall und spontaner Einsatz gehören übrigens mit zu den typischen Kirchentagseventualitäten.) Wie eine Zuhörerin allerdings später kritisch anmerken wird, werden konkret individuelle „Handlungsempfehlungen“ kaum behandelt, in erster Linie wird über „Handlungsbeispiele“ von Organisationen geredet. Nichtsdestotrotz bietet die Veranstaltung exemplarische, aber detaillierte und packende Veranschaulichung möglicher Handlungsweisen in Krisen, und zwar in der Dimension des Greifbaren (während eine Bibelarbeit oft viel allgemeiner bleibt).

Alle Referenten stellen zunächst die Arbeit ihrer Organisation beispielhaft vor: Dieter (gemäß einer weiteren Kirchentagstradition duzen sich die Gesprächsteilnehmer nämlich häufig) berichtet zunächst von einer von der KOSA koordinierten Entschädigungsklage von Apartheidopfern, Opfern unmittelbarer Gewalt, gegen internationale Konzerne (etwa IBM oder GM), die aus der Apartheid als „Zulieferer“ Profit schlugen und nun gerade als solche zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Simone von der KASA schildert das Projekt eines „Basic Income Grants“, in dessen Rahmen den Bewohnern eines (pauperisierten) namibianischen Dorfes bedingungslose Grundeinkommen gewährt werden. Die viel und auch kontrovers diskutierte Idee eines Basiseinkommens, vom Wesen her den Kleinkrediten verwandt, sei als „Überlebenskonzept“ gedacht, sie wurde in diesem Falle hauptsächlich von der namibianischen Kirche als Pilotprojekt unter wissenschaftlicher Begleitung umgesetzt. Das Projekt habe bereits Erfolge gezeigt, die Quote der Arbeitslosigkeit sei spürbar (von 60 auf 45 Prozent), die der Kinderunterernährung drastisch (von 42 auf 10 Prozent) zurückgegangen. Anders als befürchtet führte der Basic Income Grant auch nicht zu vermehrtem Alkoholkonsum. Dieses Modell der Hilfe zur Selbsthilfe sei allerdings natürlich nur bei flächendeckender Umsetzung wirksam. Boniface schließlich informiert über die zur Zeit noch im Entstehen begriffenen „Economic Partnership Agreements“, von der EU geförderte Freihandelsabkommen, die Kritikern zufolge die ärmeren Staaten der Südhalbkugel, insbesondere aber die der Dritten Welt weltökonomisch in eine neokolonialistische Abhängigkeit brächten; insbesondere die Existenzgrundlagen für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern würden dadurch zerstört, die Staaten Afrikas gegeneinander ausgespielt – die von verschiedenen Organisationen getragene StopEPA-Kampagne wolle diesbezüglich politische Sensibilisierung erreichen und so gegen die EPAs vorgehen.

Im Anschluss wird ein offenes Mikro für Fragen der Zuhörerinnen und Zuhörer bereitgestellt, auf Nachfrage gewähren die Referenten weitere Einblicke in die vorgestellten Projekte und gehen verstärkt auf tatsächliche „Handlungsempfehlungen“ ein, so sei es etwa daran die vielen kurz-, mittel- wie langfristigen Möglichkeiten und Alternativen (politische Einwirkung, Unterschriften, Einkauf) zur Kenntnis zu nehmen und abzuwägen – Fairhandel allein sei auf Dauer zum Beispiel kein Patentrezept.

Natürlich bleibt in dieser Veranstaltung auch Musik nicht fern: Der niedersächsische Landeskantor Mathias Gauer studiert auf beeindruckende Weise mit dem Publikum a capella einige Stücke aus dem Kirchentagsliederbuch ein, die ganz im Sinne einer Einübung lernen helfen, der eigenen Wut, aber auch der eigenen Hoffnung eine Stimme zu verleihen, in die Stimme Zorn wie auch den Ruf nach Verantwortung zu legen, etwa mit „Wer sind die Herren, die glauben, sie dürften regieren?“, einer modernen Umdeutung des Choralklassikers von Joachim Neander.

Aktuelles, Zeitloses und noch mehr Musik

Sonnabend

Der Bochumer Alttestamentler Prof. Dr. Jürgen Ebach bei seiner Bibelarbeit am SonnabendAm Samstagmorgen besuche ich die Bibelarbeit des renommierten Bochumer Alttestamentlers Prof. Dr. Jürgen Ebach, die ebenfalls den Großteil einer ganzen Halle des Messezentrums zu füllen vermag. Ebach ist Mitglied im Kirchentagspräsidium, beteiligte sich an der „Bibel in gerechter Sprache“ und ist ein weiteres Urgestein kirchentäglicher Bibelarbeitstradition. Heutiger Arbeitstext ist die Hagar-Ismael-Erzählung (Genesis 16, 1-16). Gemeinhin fällt auf: Ebach orientiert sich in seiner Arbeitsweise stärker als andere direkt am Text, geht ihn dabei stückweise durch und fügt dabei ausführliche (text)historische, kontextuelle, oft auch detaillierte sprachliche Erläuterungen an. Trotzdem lässt auch er den Bezug zur Gegenwart nicht missen, wenn er die Erzählung als eine Geschichte vom Umgang mit dem Unangepassten, Unkonventionellem, dem „Wildesel“ Ismael liest; schließlich geht Ebach auch auf die abrahamitischen Bezüge des Textes ein, ist Ismael doch eine wichtige Gestalt des Islam. Die Hagar-Ismael-Erzählung finde im Konflikt einen Konsens: Hagar kehrt zu Sarah und Abraham zurück, erhält aber gleichsam in der Peripetie der Erzählung eine wichtige Verheißung, gibt schließlich selbst ihrem Sohn einen Namen. Wie die Kirchentagslosung stelle auch dieser Text die Frage nach dem Menschen – hier trete Gott selbst ein für „die Schwachen, auch wenn die Schwachen Fremde sind“. Ebach spricht sich für eine „versöhnte Verschiedenheit“ im Umgang mit den anderen abrahamitischen Religionen aus.

dekt 2009 19Gegen Mittag begebe ich mich an die Schlachte, Bremens historische Uferpromenade. Hier spielt die Bremer Jungband „Sinfinity“ ein einstündiges Livekonzert. Der 2006 gegründete Local Act hat in den letzten Tagen anlässlich des Kirchentages bereits zwei Konzerte gegeben. Hier, in einiger Entfernung zum Hauptstrom der Kirchentagsveranstaltungen, fallen Bühne und Publikum eher klein aus – was auch nicht weiter verwundert: Die fünf jungen Musiker widmen sich dem Progressive Rock, einem Genre von sehr eigenem Habitus. Die Darbietung überzeugt, auch die typischen krummen Rhythmus- und Harmoniestrukturen werden sauber gespielt, zwischendurch überrascht ein kleines Shred-Solo oder ein virtuoser Klavierlauf. Viele der Zuhörerinnen und Zuhörer sind selbst aus Bremen und kennen die Band bereits, einige stimmen in den Schluss-Song mit ein. Der Auftritt bleibt zugleich als Programmnische und gelungene Abwechslung in Erinnerung.

„Oskar und die Dame in Rosa“ – ein Bühnenstück des Theatrium FigurentheatersKurz danach mache ich mich auch schon auf zum Theatrium Figurentheater, das inmitten der engen Gässchen des „Schnoors“ gelegen ist, eines sehr malerischen Viertels der Bremer Altstadt. Zum Bremer Kirchentag führt das Theater Éric-Emmanuel Schmitts philosophisch-religiöse Erzählung„Oskar und die Dame in Rosa“ auf, die heutige Vorstellung ist die vierte und letzte. Schon lange vor Beginn erwartet mich eine recht lange Schlange vor dem Eingang. Die Theaterräumlichkeiten sind ziemlich klein und dementsprechend gut gefüllt, dennoch ergattere ich einen Platz in Bühnennähe. Ein besonderer Reiz der gut zweistündigen Inszenierung besteht in ihrer rührigen Detailverliebtheit bei gleichzeitig kleinem, in mancher Hinsicht vielleicht sogar minimalistischen Maßstab in der Erzählweise; in vielen Szenenbildern ist die (kleine) Bühne nur geringfügig requiriert, im Mittelpunkt stehen dafür sowohl die liebevoll gestalteten, etwas überzeichneten Figuren der Charaktere als auch Schauspielerin und Schauspieler, die ersteren Bewegung und Stimme leihen und bereits nach wenigen Augenblicken mit ihnen zu verschmelzen scheinen. Das Bühnenstück nähert sich wie der Roman (dritter Teil von Schmitts „Cycle de l’invisible“, der sich mit einigen Weltreligionen befasst) sehr einfühlsam, bisweilen heiter, manchmal sehr melancholisch, immer aber behutsam den Themen Tod, Liebe, Religion, Älterwerden und dem Leiden von Mensch und Gott an. Am Schluss erntet das Stück nicht nur wegen der überzeugenden Schauspielleistung stehende Ovationen – ich kann mich einer kleinen Träne nicht erwehren.

„Ararat“ aus Schwaben spielen auf der Weserbühne am OsterdeichAm Samstagabend besuche ich das Konzert der Pop-Rock-Band „Ararat“ auf der Weserbühne am Osterdeich. Auch hier fällt das Publikum recht klein aus, mit der Zeit gesellen sich aber einige der Kirchentagsbesucherinnen und -besucher dazu, die in unmittelbarer Nähe am Hang der Bremer Wallanlagen Flussblick und Abendsonne genießen. Die bereits Ende der Siebziger entstandene Deutschrock-Formation aus Schwaben zählt zu den ältesten und bekanntesten deutschsprachigen christlichen Bands. Die Stimmung ist ob der geringen Publikumsgröße nicht perfekt, aber gemeinhin gut – Frontfrau Bianca Poppke animiert zum Mitsingen, der Band merkt man ihre Erfahrung durchaus an. Die Texte der Schwaben reichen über reinen Lobpreis weit hinaus, sie behandeln Anliegen wie das menschliche Befinden, den Ruf zum Handeln oder Trost im Verlorensein. Gegen Ende covern die sechs Musiker noch Joan Osbornes 90er-Hit „One of Us“. Nach diesem netten musikalischen Ausklang begebe ich mich wieder „nach Hause“ in meine Schlafstatt.

Panoramablick auf Messezentrum und Bürgerweide Kirchentag bei Nacht: Halle 4 im Messezentrum

Hier und jetzt

Sonntag

Die Bühne beim Abschlussgottesdienst des 32. Deutschen Evangelischen KirchentagesBesuchermassen beim Abschlussgottesdienst am SonntagAm Sonntagmorgen begibt sich der größte Teil der Kirchentagsbesucherinnen und -besucher wieder zur Bürgerweide; mit dem Motto „Hier und jetzt“ wird auf das Kirchentagsleitvers geantwortet. In einem bunten Programm wird wieder bereits vor Beginn eingestimmt, die Gottesdienstbesucherinnen und -besucher üben noch das ein oder andere Lied mit dem Wildeshausener Gospelchor Joyful Voices wie auch gemeinsame laute „Hier!“-Rufe als Antwort auf die Frage „Mensch, wo bist du?“, beides wird uns durch den weiteren Gottesdienst begleiten. Nach einem Moment der Stille beginnt auch der heutige Großgottesdienst mit einer Bläserfanfare.

Prof. Dr. Daniele Garrone von der Ev. Kirche der Waldenser und Methodisten (Rom) hielt die Predigt„Glaube“ (blau), „Liebe“ (Rot), „Hoffnung“ (Grün) bildeten das Leitmotiv des SchlussgottesdienstesDas Leitmotiv der Liturgie sind die drei Farben Blau, Rot und Grün, stehend für Glaube, Liebe und Hoffnung, die, an vielen Stellen des Gottesdienstes – etwa im Faltblatt – wiederzufinden, den Gottesdienstablauf in drei Teile gliedern. Lieder, Lesungen (etwa des Psalmes 19, des „Kirchentagspsalmes“, oder des zunächst in Gebärdenpoesie vorgestellten Predigttextes, des dritten Kapitels des 1. Petrusbriefes), aber auch die Predigt von Prof. Dr. Daniele Garrone selbst machen Mut zum Bekenntnis in der Gesellschaft, zum Aufstehen, Handeln, zur Antwort „Hier und jetzt“. Garrone betont, dass dieses Antworten aber nicht in einem moralistischen Geist der Vormundschaft geschehen solle, sondern in Freundlichkeit und Respekt; es sei gerade die Hoffnung, die Christen zu verkünden hätten. Anschließend teilt die Gottesdienstgemeinde das Abendmahl.

Katrin Göring-Eckardt, Kirchentagspräsidentin 2011 und Jochen Bohl, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens laden zum 33. Deutschen Evangelischen Kirchentag 2011 in Dresden einAm Schluss des Gottesdienstes spricht Kirchentagspräsidentin Prof. Dr. Karin von Welck ein Wort der Danksagung, schließlich ist ein Kirchentag nur möglich mit der tatkräftigen Unterstützung der gastgebenden Region. Im Anschluss sprechen die jeweiligen Verantwortlichen des 2. Ökumenischen Kirchentages in München vom 12. bis zum 16. Mai 2010 und des 33. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Dresden vom 1. bis zum 5. Juni 2011 allen Teilnehmenden des Gottesdienstes (und allen Zuschauenden der Fernsehübertragung) herzlich die Einladungen zu beiden Veranstaltungen aus. Kirchentage – als Feste des Glaubens und des Dialogs, der Erneuerung und der Information, der Zusammenkunft und der Freude am breitgefächerten Spiel der unterschiedlichen Farben und Stimmen – haben derzeit Hochsaison.

 

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Der 2. Ökumenische Kirchentag findet vom 12. bis 16. Mai 2010 in München statt.

33. Deutscher Evangelischer Kirchentag 2011 in Dresden

Der 33. Deutsche Evangelische Kirchentag findet vom 1. bis 5. Juni 2011 in Dresden statt.