Berlin2015-01Berlin – eine Stadt, deren glanzvolle Geschichte durchwachsen ist von dunklen Zeiten, die von einer geteilten Stadt zu einem pulsierenden Zentrum Europas wurde – und wir, zwei kleine (aber feine) Kurse (Geschichts-LK + Latein-GK des Ceciliengymnasiums nebst Moritz S. und Timo M. als geladene Gäste), durften für eine kurze Zeit „zueinanderfinden".

Anlass für unsere dreitägige Exkursion in die Hauptstadt war eine Einladung der Bielefelder Bundestagsabgeordneten Lena Strothmann in den Bundestag.

Unsere Exkursion startete am 21. August 2015 seeehr früh (6.30 Uhr) am Bielefelder Hauptbahnhof, als wir noch etwas schläfrig, aber sehr gespannt unserem Abenteuer entgegenfuhren.

Hier noch ein kleiner Werbeblock für das Zugfahren: Es ist sehr entspannend, schafft Raum für das Genießen wunderschöner deutscher Landschaften und vermittelt besonders am Wochenende vielerlei Kontakte zu den verschiedensten fröhlichen Reisegruppen. Auf der Hinreise eine Männergruppe, deren Gepäck aus allerlei Getränken zu bestehen schien, die auch beständig verzehrt wurden – auf der Rückreise durften wir ca. 30 Fußballmanager des FC Verl kennenlernen, die mit ihren zauberhaften roten Shirts und allerlei imponierenden Geschichten (den jungen Damen im Kurs) ihre besondere Wichtigkeit beweisen wollten.

Am Ziel angekommen, empfing uns die Hauptstadt mit ihrer ganzen Geschäftigkeit, mit Lärm und Schmutz, aber auch mit strahlendem Sonnenschein. Nachdem wir wegen des beständigen guten Appetits der männlichen Teilnehmer der Reise (immer gerne China-Nudeln zu jeder Tageszeit) schon den ersten Bus verpasst hatten, ging es zügig zu unserem Hostel (dem Grand Hostel am Tempelhofer Ufer – empfehlenswert, besonders wenn man einen festen Schlaf hat!).

Nach einem kurzen Einchecken ging es zurück ins Zentrum der Macht des Volkes – zum Bundestag!

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Gegen Mittag fanden wir uns am Paul-Löbe-Haus ein, wo wir nach einem gründlichen Body- Check Einlass fanden. Doch nicht Frau L. Strothmann, sondern ein smarter junger Mann mit Namen Moritz L., empfing uns in einem schicken Konferenzraum. Frau Strothmann war leider in ihrem Wahlkreis unabkömmlich (wir konnten es natürlich verstehen, dass nach dem ganzen Stress mit Griechenland am Mittwoch und wegen des nahenden Wochenendes die Arbeit im Wahlkreis Vorrang haben musste...)! Uns wurde jedoch mehrfach versichert, dass sie uns gerne im Ceciliengymnasium besuchen werde, um persönlich auf unsere Fragen eingehen zu können. (Wir diskutieren noch, ob wir dieses großzügige Angebot wirklich annehmen können, auch aus Gründen der politischen Ausgewogenheit, und würden uns über Meinungsäußerungen unserer Mitschüler sehr freuen!).

Aber Moritz L. gab wirklich sein Bestes und informierte uns über den anstrengenden Alltag der Abgeordneten und über seine eigene Karriere. Überhaupt waren viele Personen, denen wir im Bundestag begegneten, bemüht, uns für die politische Karriere zu begeistern. Vielerlei Karriereoptionen wurden uns eröffnet, sodass eigentlich für alle Beteiligten die Zukunft in rosigen Farben erscheint – jedenfalls, wenn man sich für das Politikerdasein begeistern kann.

Ich (Inga) kann nur jedem empfehlen, einmal eine Bundestagsabgeordnete zu besuchen: Man erhält neben den sehr aufschlussreichen Gesprächen ein 1-A-Essen und allerlei Informationen, Zugang zur Kuppel ohne Warteschlangen und eine Führung durch den Plenarsaal.

Nach soviel Politikgenuss noch ganz berauscht, schwärmten wir dann motiviert in das sommerliche Berlin und genossen den Nachmittag mit einem Spaziergang durchs Brandenburger Tor und „Unter den Linden". Am Gendarmenmarkt angekommen, mussten wir uns erst stärken, bevor wir dann die Ausstellung im Deutschen Dom zur Demokratiegeschichte Deutschlands mit neuen Kräften genießen konnten.

Trotz des nahenden Abends konnten manche Teilnehmer noch nicht genug von der deutschen Geschichte und Politik bekommen und so eilten sie abends nochmals zum Reichstag, um dort eine Lightshow zur Geschichte Berlins und zur Entwicklung der Demokratie zu bewundern (wirklich sehenswert).

Der Samstag sollte dann einen besonderen Wunsch der Kurse erfüllen: den Besuch in der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen. Als wir früh morgens zu unserer abenteuerlichen Fahrt durch die „Schattenseiten" Berlins aufbrachen, ahnten wir noch nicht, dass dieser Besuch ein Erlebnis der besonderen Art werden würde, denn Henry L. ( wir wollen seinen vollen Namen aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes lieber nicht nennen) wurde unserer Gruppe zugeteilt. Henry, ein ehemaliger Insasse des Gefängnisses und ein Mann mit einer bewegten Vergangenheit, führte uns mit einer Mischung von Einschüchterung, Verwirrung und Autorität durch die Gebäude. Sein Lieblingskommando war „Kommt mit!", das er in einem wenig freundlichen Ton beständig in die Gruppe raunzte. Nach kurzer Zeit hatte er alle Teilnehmer eingeschüchtert mit seinen Geschichten von Vergewaltigungen, Folterungen, Psychoterror und seiner Fluchtgeschichte, die wahrhaft abenteuerlich anmutete. Nachfragen bezüglich eventueller Ungereimtheiten ließ er gar nicht erst aufkommen, ermunterte uns, unser Leben gründlich zu überdenken („Ihr seid verloren, wenn ihr weiterhin soviel bei Facebook postet!"), und lud uns dann in seine Discothek ein...

Trotz alledem waren die Eindrücke, die wir im Gebäude gewinnen konnten, in der Tat auch ohne die Geschichten von Henry L. schon beeindruckend genug – jedenfalls waren wir nach diesem Besuch ziemlich geschafft und verstört.

Gemeinsam fuhren wir zum Hackeschen Markt zurück und verbrachten den Nachmitttag mit freigewählten Aktivitäten (Shopping, Musikinstrumente-Museum, Tretbootfahren, Kaffeetrinken etc.) Abends trafen sich alle zu einem gemeinsamen Abendessen am Tempelhofer Ufer. Ein Besuch der East-Side-Gallery ließ den Tag ausklingen und müde sanken alle in die Betten – zumal sich eine kleine Erkältungswelle ausbreitete.

Am Sonntag folgte dann der Besuch des Jüdischen Museums, wobei die Daueraustellung zur jüdischen Geschichte von den Schülerinnen und Schülern besucht wurde – die „Lehrpersonen" sich der dortigen Installation von Peter Greenaway mit dem Thema „Gehorsam" widmeten. Ein in jeder Hinsicht beeindruckender Besuch. Bevor es dann wieder nach Bielefeld zurückging, hatten alle noch einmal die Gelegenheit für kurze Eigenaktivitäten (DIY- Markt, Picknick).

Hatte bisher alles wunderbar geklappt, war die Stimmung bisher ausgeglichen und entspannt, so änderte sich dies jedoch mit unserer Ankunft auf dem Hbf Berlin! Die Zeit wurde zunehmend knapp, dennoch wollten einige Gruppenmitglieder noch Plastikflaschen zurückgeben, andere wollten unbedingt noch eine Portion China-Nudeln verzehren... Diese Pläne wurden jäh unterbrochen, als wir feststellten, dass wir uns am falschen Gleis befanden und nur ein Teil der Gruppe anwesend war! Bis auf die letzte Sekunde fieberten die Reiseleiterinnen, ob die stets hungrigen Herren mit ihren Nudeln rechtzeitig in den Zug gelangen würden! Welch Erleichterung, als es gelang!

Das Fazit: China-Imbisse sind bei zukünftigen Exkursionen großräumig zu meiden! (Frau Stölting!)

An dieser Stelle ein riesengroßes Dankeschön an unsere Reiseleiterinnen Frau Stölting und Frau Hülk, die diese wundervolle Fahrt erst möglich gemacht haben. Ereignisreicher hätte sie kaum sein können.

P. S.: Auch von mir (Sto) ein großes Dankeschön an meine Begleitung Frau Hülk und die beiden tollen Kurse, mit denen es wirklich sehr entspannend und angenehm war zu reisen – sofern kein China-Imbiss in der Nähe war.