Ein amüsantes Stück mit hohem Fremd-Schäm-Faktor

Es fängt ganz harmlos an. Ein als Frau verkleideter Mann, Volanges (Stefan Imholz), sitzt auf der Bühne. Die verwitwete Marquise de Merteuil (Carmen Priego) und die junge, neugierige Cécile (Julia Friede) erscheinen. Es wird höflich getratscht, bis der Vicomte de Valmont gemeldet wird. Kaum sind die ehemaligen Geliebten und Freunde unter sich, verfallen sie in einen heute typischen Sprachgebrauch, was einen schönen Kontrast zu den altertümlichen französischen Kostümen von 1782 (Ilona Lenk) ergibt. Die Marquise fragt Valmont, ob er als Rache gegenüber Comte Gercourt, der sie gerade verließ, um Cécile zu heiraten, diese entjungfern würde. Doch Valmont ist das zu einfach. Er möchte lieber die verheiratete und schwer antastbare Madame de Tourvel (Christina Huckle), welche zurzeit bei seiner Tante Rosemonde (Therese Berger) in Paris lebt, verführen. Die Marquise lacht ihn aus. Wenn er es dennoch schaffen sollte, de Tourvel zu verführen und Cécile vor ihrer Hochzeit ihre Unschuld zu nehmen, schliefe sie mit ihm. Cécile ist Valmont sofort ergeben, unerfahren und neugierig, wie sie ist. Und nach einer Weile erliegt ihm auch Madame de Tourvel, trotz seines Pariser Rufes als Verführer.

Um beide Frauen zu verführen und einen Briefwechsel zwischen dem Musiklehrer Danceny (Omar El-Saeidi) und seiner angebeteten Cécile zu erreichen, besticht er eine Dienerin, welche sich in der Szene oben herum entblößt, und hat dennoch Zeit, sich um seine Prostituierte Emily (Nicole Lippold) zu kümmern, schreibt ganz ungeniert auf ihrem Rücken einen Liebesbrief an de Tourvel. Auch Merteuil hat zu tun: Sie klärt Cécile über die Vorteile einer Frau auf, wie zum Beispiel die Tatsache, dass eine Frau so viele Liebhaber haben kann, wie sie möchte. Nebenher verführt sie Danceny, der zwar ernsthaft in Cécile verliebt ist, aber Abwechslung möchte, während Cécile in Paris entjungfert wird.

Als Valmont das Versprechen von Merteuil einlösen will, weigert sich diese. Sie verlangt, dass er vorher mit de Tourvel bricht. Dabei bricht nicht nur ihr Verhältnis, sondern auch ihr Herz und sie zieht sich mit Volanges, die sie vor Valmont gewarnt hatte, in ein Kloster zurück. Um das Versprechen nicht einlösen zu müssen, zettelt Merteuil einen Kampf zwischen Danceny und Valmont an, in dem letzterer stirbt. Keiner räumt ihn weg, stattdessen philosophieren die Marquise de Merteuil, Volanges und Rosemonde über seine letzten Worte, in denen er seine Liebe zu de Tourvel beteuert und nach denen sich auch diese in den Tod stürzt.

Die Diskussion wird abrupt von einer roten Leinwand, die schräg und nur ein Stückchen herabstützt, und einem Lichtwechsel ins Rote unterbrochen, womit das Stück endet. Da das Stück viele verschiedene Räumlichkeiten braucht, ist das Bühnenbild optimal gewählt. Durchsichtige Trennwände, die mit dem gleichen Stoff wie auf dem Boden bespannt wurden, bieten genug Möglichkeiten, die Bühne zu verändern, da die Trennwände, hinter denen sich Leute verstecken, um zu lauschen, Türen enthalten. Die Möbel konnten die Pagen (Eva Vinke, Stefan Fietzek) nach Belieben zu einer Sitzgruppe mit Tisch oder Bett drapieren. So gab es keine Umbau-Pausen. Immer wieder ertönt Musik, die manchmal von Valmont mit Armbewegungen unterbrochen wird, manchmal aber von selbst abrupt endet. Die Musik wird von einer CD abgespielt und ist bewusst altertümlich gewählt.

Gefährliche Liebschaften ist ein unterhaltsames Stück mit tiefen und schonungslosen Einblicken in das menschliche Verhalten. Geschichtlich geht es darum zu zeigen, wie sich der Adel in Frankreich 1782 am besten amüsiert. Für die beiden Hauptpersonen gibt es nur eins, nämlich das Verführen und Ins-Verderben-Reißen anderer Menschen. Dabei bemerken sie nicht, dass sie sich nur selbst unglücklich machen oder gar umbringen.

Das Publikum reagierte unterschiedlich: amüsiert und fröhlich oder pikiert und verwirrt. Das lag vor allem daran, dass einige schockiert den Handlungen, andere belustigt den Dialogen folgten.

Bedauerlicherweise war dies schon die letzte Aufführung dieses ungenierten Stückes.