Theaterworkshop bringt frischen Wind in Schillers Werk

Don Karlos„Don Karlos“, das berühmte Drama von Friedrich Schiller, ist aus keinem Deutschkurs der Oberstufe in Nordrhein-Westfalen mehr wegzudenken. Der Grund dafür heißt ‚Zentralabitur’ und wird nicht nur wegen der Einführung des Werkes nicht unbedingt von Schülern geliebt. Im World Wide Web machen sich deutsche Schüler in Gruppen wie „Die Opfer des Don Karlos“ oder „Don Karlos – endlich tot“ Luft über ihren Ärger und ihre Probleme mit der Lektüre.

Kurz zum Inhalt. Es geht heiß her im spanischen Königshaus des 16. Jahrhunderts: Der Thronfolger Don Karlos ist in seine Stiefmutter verliebt, was sein schlechtes Verhältnis zu seinem Vater, König Philipp dem Zweiten, nicht unbedingt verbessert. Prinzessin Eboli, eine Hofdame der Königin, meint zudem, ihre große Liebe in dem Prinzen gefunden zu haben. Dazu taucht ein alter Freund von Don Karlos, der Marquis von Posa, auf, der auf seine Art den König hintergehen will und mit seinem Plan die Situation nur noch verschlimmert.

Liebe, Intrigen und ein Toter. Was sich wie eine altmodische Folge von „Verbotene Liebe“ anhört, kommt bei den Adressaten des Zentralabiturs überhaupt nicht an. Während die Story interessant klingt, schrecken die Schüler vor allem die altertümliche Sprache und die komplizierte Personenkonstellationen ab. Alles, was hilft, das Monarchendrama besser zu verstehen, ist willkommen.

Seit September 2008 ist eine Inszenierung von Schillers Werk am Bielefelder Stadttheater zu sehen. Doch ein weiteres Angebot lockt die Schulklassen auf die städtischen Bühnen. Im Rahmen des Projekts „Theater macht Schule“ bietet die Theaterpädagogin Martina Breinlinger eine szenische Einführung zu der tragischen Geschichte des Prinzen an.

Der Leistungskurs Deutsch der Jahrgangsstufe 13 des Ceciliengymnasiums wollte sich diese kostenlose Möglichkeit nicht entgehen lassen und buchte gleich zu seinen Eintrittskarten die Veranstaltung der Theaterpädagogin mit.

Sich in das Stück hineinversetzenEin Nachmittag, 21 Schüler und eine Deutschlehrerin. Eine gewisse Anspannung ist zu merken, denn niemand weiß, was nun passiert. Doch Martina Breinlinger lockert die Stimmung auf. „Keine Angst, ihr müsst nichts tun, was ihr nicht wollt“, erklärt sie. Nach einer Vorstellungsrunde und einigen lustigen Aufwärmübungen ist zum ersten Mal die Kreativität der Teilnehmer gefragt. In kleinen Gruppen sollen die Schüler eine kurze Szene einüben, die sich mit dem Thema Zwänge auseinandersetzt. „Don Carlos lebt am Hof seines Vaters in einem Zwangssystem. Er kann keinen Schritt machen, ohne dass sein Vater nicht davon erfahren würde“, stellt die Pädagogin die Verbindung zum Drama her.

Eine eigene InterpretationAls nächstes beschäftigen sich die Schüler mit verschiedenen Szenen des Stückes. Die Besonderheit dabei ist, dass die Gymnasiasten den inneren Konflikt der Personen darstellen sollen. Gar nicht so leicht, auch weil die Lektüre schon ein wenig zurückliegt. Wie genau hat sich Don Carlos gefühlt, als er hört, dass ihn sein Freund hintergeht? Und warum verbündet sich die Prinzessin Eboli auf einmal mit dem König? Doch Martina Breinlinger kann Abhilfe schaffen. Kurz wiederholt sie den Inhalt des Dramas. Auch den Gruppen gibt sie Tipps und ordnet die Szenen noch einmal in den Gesamtkontext ein. „Die Rollenspiele waren gut, um sich in die Personen hineinzuversetzen. Damit bekommt man einen ganz anderen Blick für die Geschichte“, erklärt Ann-Kathrin Kröger. Auch der Rest der Klasse zeigt sich von dem Theaterworkshop positiv überrascht. „Der Aufbau war wirklich gut. So bekommt man auch einen Einblick, wie Schauspieler an ein Stück herangehen“, sagt Laura Wörmann.

Und auch die Deutschlehrerin Svenja Rauterberg ist mit dem Verlauf zufrieden. „Das war einmal eine ganz andere Herangehensweise. Ich werde versuchen, einige Elemente in meinen Unterricht zu übernehmen.“