Tora-Rolle im Joods Historisch Museum: Der Priestersegen (Num 6)Hebräisch in der Schule... Was macht man damit eigentlich?

Viele sind überrascht, dass Hebräisch in Nordrhein-Westfalen ein reguläres Oberstufenfach ist, das auch als Abiturfach gewählt werden kann und für das es Zentralabiturklausuren gibt. Und: Wer sind eigentlich die Schülerinnen und Schüler, die Hebräisch wählen?

Hier können Sie lesen, was ehemalige Schülerinnen und Schüler der Hebräisch-Zentralkurse am Ceciliengymnasium jetzt machen und welche Bedeutung für sie der Hebräischunterricht gehabt hat und hat.

Heimo Sperling

• Abitur mit Hebraicum im Jahr 2003 (Ratsgymnasium)
• Magister (Gräzistik, Islamkunde, Philosophie), Universität Bamberg 2012
• jetzt BWL-Studium (Ziel: Steuerberater)

• „Am Hebräischunterricht hat mich vor allem fasziniert, eine alte und in vielem fremde Kultur kennenzulernen. Dass ich schon in der Schule eine semitische Sprache gelernt hatte, hat mir später auch die Entscheidung erleichtert, Islamkunde zu studieren.“

Tom Tölle

Hebräisch – Was macht eigentlich ...?

Tom Tölle (Abitur mit Hebraicum 2006, Ceciliengymnasium) studierte zunächst Geschichtswissenschaft und Germanistik an der Universität Bielefeld. Nach dem BA-Abschluss verbrachte Tom ein Jahr an der University of Cambridge (UK). Dort beschäftigte er sich vor allem mit frühneuzeitlichen Korruptionsdebatten. Nach einem abgeschlossenen Master of Philosophy wechselte Tom an die Albert-Ludwigs Universität Freiburg, wo er für einen Experten für europäische Adelsgesellschaften tätig war. Im Sommer 2012 wurde Tom im Rahmen eines einjährigen Forschungsaufenthaltes an die Yale University, New Haven (USA) eingeladen. Seine Forschungsschwerpunkte sind Patronage und Korruption, die vergleichende Geschichte frühneuzeitlicher ‚Imperien’ sowie Geschichtstheorie. Seine heimliche Leidenschaft war und ist aber auch die literarische Antisemitismusforschung.

„Hebräisch“, sagt Tom, „ändert den Blickwinkel. Es ist eine Übung im Verstehen und die wiederholt sich ständig in unserem Alltag. Ich weiß nicht, wie oft ich bei Reisen in England, Israel, im Oman oder in den USA, im Pub oder im Archiv dankbar an die Zeit am Ceciliengymnasium zurückgedacht habe. Wenn der Gastschüler aus Nahariya vor der Tür stand, Freunde mir von ‚birthright’ erzählten, ich in Benjamin Steins ‚Die Leinwand’ vom ‚Schabbes’ las oder der Taxifahrer in Jerusalem mich fragte, warum ich eigentlich Hebräisch und nicht Arabisch spreche; mit Hebräisch, dachte ich stets, kommt man ins Gespräch."

Dominik

• Abitur mit Hebraicum im Jahr 2007 (Ceciliengymnasium)
• Informatikstudium in Bayern

„Hebräisch ist die Sprache des Alten Testaments. Schon allein die Beschäftigung mit über zweitausend Jahre alten Texten ist spannend: Wie haben die Menschen damals sich und die Welt gesehen? Was hat sie bestimmt? Wie sind sie Gott begegnet? Das Übersetzen von Bibeltexten steht im Vordergrund und ist abwechslungsreich und interessant. Ein bisschen Schöpfungsgeschichte, ein bisschen Ruth, ein bisschen Psalmen, ein bisschen Hoheslied geben ganz verschiedene Eindrücke.

Hebräisch ist anders. Zunächst wird es von rechts nach links geschrieben, dann gibt es nur Konsonanten und auch Wort- und Satzbau funktionieren ganz anders, als man es von „gewöhnlichen“ Fremdsprachen wie Englisch oder Französisch kennt. Neben (Vor-) Lesen und Schreiben lernt man aber auch viel über die Hintergründe von Kultur, Geschichte und Interpretation. Kurze Einblicke in Jiddisch, Neuhebräisch und das heutige Judentum machen aus diesem Fach eine von vorn bis hinten runde Sache.

Ich denke heute noch gern an den Hebräischunterricht zurück; er war für mich immer ein Licht im grauen Schulalltag. Die ganz andere Sicht auf das Leben, aber auch auf Sprache an sich, hat mein Denken flexibler gemacht und mein Weltbild erweitert. Und wenn ich mal genau wissen will, wie eine Bibelstelle ursprünglich formuliert war, kann ich einfach nachschauen!“Hebräisch – Was macht eigentlich ...?

Ingo Stucke

• nach dem Vikariat in Gladbeck und in der Schweiz jetzt Pfarrer in Bielefeld-Brackwede

„Bei dem Hebräisch-Zentralkurs war ich zu Gast, um meine Hebräisch-Grundkenntnisse aus den Sprachkursen der damaligen Kirchlichen Hochschule Bethel aufzufrischen. Die nette und abwechslungsreiche Unterrichtsatmosphäre hat mir geholfen, dann auch das Hebraicum zu bestehen. Und später beim I. Kirchlichen Examen wurde ich auch im Alten Testament geprüft – und war erstaunt, wie gut das mit dem Übersetzen noch klappte. Eine gute ‚Zwei’ war dann der Lohn für die Anstrengungen. Und auch bei der Predigtvorbereitung schaue ich gerne das ein oder andere Wort nach, für mehr fehlt leider die Zeit.“

Hebräisch – Was macht eigentlich ...?Fabian G.

• Abitur mit Hebraicum im Jahr 2008 (Ceciliengymnasium)
• Studium der Evangelischen Religionslehre und Lateinischen Philologie (Ziel: Master of Education) in Münster

• „Der Hebräischunterricht bot mir die Möglichkeit, ein zunächst fremdes Sprachsystem kennenzulernen, Erzählungen aus dem Alten Testament mit neuen Augen zu lesen und einen vertieften Einblick in jüdisches Leben gestern und heute zu erhalten.“

Kristina P.

• Abitur mit Hebraicum im Jahr 2008 (Ceciliengymnasium)
• Seit 2010 absolviere ich das Bachelor-Studium Eventmanagement und Entertainment an der Fachhochschule des Mittelstands in Bielefeld und Köln, anschließend ist ein Studium der Musikwissenschaft geplant. Nebenher arbeitete ich im Orchesterbüro des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg, im Schokoladenmuseum Köln und aktuell als Marketing-Assistenz beim Gürzenich-Orchester Köln.
• Mein Tipp: Der Gürzenich-Orchester Online Club, für den ich den Newsletter mitbetreue.

„Der Hebräischunterricht hat mir neben einer fremdartig-faszinierenden Sprache auch den Blick auf neue Kulturen, Lebens- und Denkweisen eröffnet und verhilft mir heute noch oft zu einer anderen Perspektive.“

Hebräisch – Was macht eigentlich ...?Tabea G.

• Abitur mit Hebraicum im Jahr 2011 (Georg-Müller-Schule)
• Ausbildung zur Familienpflegerin in Ahlen

• „Ich bin froh, dass ich Hebräisch gelernt habe, weil ich so die Möglichkeit habe, Bibeltexte – denen ich besonders nachgehen möchte – in der Ursprache zu lesen, und dabei Neues entdecke, was entweder in der Übersetzung verlorengeht oder worüber ich vorher einfach hinweggelesen habe. Nebenbei macht man auch noch einmal die Erfahrung, wie man sich als Erstklässler fühlt, wenn man ganz neu lesen lernt und sich nichts von der lateinischen Schrift ableiten lässt. Hebräisch hat ein schönes exotisches Schriftbild!“

  Hebräisch – Was macht eigentlich ...?Olga Sabelfeld

• Abitur mit Hebraicum im Jahr 2011 (Ceciliengymnasium)
• Studium an der Universität Bielefeld; Fächer: Geschichte und Rechtswissenschaft

„Der Hebräischunterricht hat mir den Zugang zu einer außergewöhnlichen Sprache, Kultur und Mentalität eröffnet bzw. eine ganz neue Herangehensweise an das Erlernen einer Sprache gegeben."

 

Jennifer Wenzel Jennifer Wenzel

  • Abitur mit Hebraicum im Jahr 2015 (Ratsgymnasium) 
  • Praxisintegriertes Studium Betriebswirtschaftslehre an der FH Bielefeld

„Der Hebräischunterricht war für mich immer etwas Besonderes. Nicht nur wegen der kleinen Gruppengröße und der dadurch sehr angenehmen Unterrichtsatmosphäre, sondern auch, weil ich eine sehr interessante Sprache kennenlernen konnte. Man bekommt einen Einblick in eine andere Schrift, Grammatik und Kultur. Vor allem das Übersetzen und Interpretieren der Bibeltexte hat mir viel Spaß gemacht, da ich einen ganz anderen Blickwinkel auf die Texte bekommen habe.

Heute erinnere ich mich immer gern an den Hebräischunterricht und freue mich darüber, dass ich auch nach dem Abitur immer noch herzlich eingeladen bin, dem Unterricht einen Besuch abzustatten."

Moritz Meier

Moritz Meier2017 erwarb Moritz am Ratsgymnasium mit Latinum, Graecum und Hebraicum sein Abitur. Anschließend ging er für 10 Monate als Au-Pair nach Treviso in eine sechsköpfige Familie, um dort mitunter Italienisch zu erlernen. 

Seit dem Wintersemester 2018 studiert Moritz nun Geschichte und Sozialwissenschaften auf Lehramt an der Universität Bielefeld und ist Stipendiat der Friedrich-Naumann-Stiftung. In leitender Funktion engagiert er sich ehrenamtlich unter anderem bei der Jugendorganisation der Union progressiver Juden, Netzer Germany.

Rückblickend berichtet Moritz:

„Der Hebräischunterricht am Ceciliengymnasium war auf vielen verschiedenen Ebenen außergewöhnlich. Zweifelsohne tragen dazu die Kursgröße und Atmosphäre bei, aber das erlernte Wissen tut sein Übriges: 

Hebräisch ist kein rein altsprachliches Schulfach, denn man lernt darüber hinaus die hebräische und jüdische Kultur, Musik und Kunst, Geschichte, Traditionen und gegenwärtige Sprache in Israel kennen und nach humanistischem Vorbild schließlich auch reflektiv sich selbst. Der Unterricht wird auf hohem wissenschaftlichen Niveau gehalten und bereitet einen als Schüler oder Schülerin somit auch auf das Universitätsleben vor. 

Einen schönen Nebeneffekt hat es auch auf die eigene Vita, so war Hebräisch immer wieder ein Herausstellungsmerkmal, das mich etwa bei der Bewerbung um ein Stipendium schnell von der Masse abgehoben hat, und wer das Hebraicum erst in den Händen hält, kann stolz auf sich sein.“

Tobias Schmidt

  • Abitur mit Hebraicum im Jahr 2018 (Gymnasium Heepen)
  • 2018 – 2019: Auslandsjahr in Mexiko und Mitarbeit in einer Schule
  • seit 2020: Lehramtsstudium (Mathematik, Physik) in Winnipeg, Kanada

„Ich habe Hebräisch in erster Linie gewählt, um das Alte Testament in seiner Originalsprache lesen zu können. In dem Kurs haben wir viele Teile des Alten Testaments unter verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und haben vieles zu der Kultur der damaligen Menschen gelernt. Das hat mir persönlich sehr geholfen, das Alte Testament besser zu verstehen.
Auch wenn ich jetzt leider nicht fließend Hebräisch lesen kann, ist es oft eine Hilfe, wenn ich mich einmal im Urtext umsehen will.

Was mich ebenso begeistert hat, ist dass man durch das intensive Studium einer Fremdsprache das Deutsche ebenfalls besser kennenlernt.“

Alice SchardtAlice Schardt

  • Abitur mit Hebraicum im Jahr 2020 (Gymnasium Heepen)
  • seit 2020: Studium Grundschullehramt (Deutsch, Mathematik, Musik) an der Universität Paderborn

„Ich habe Hebräisch vor allem gewählt, um das Alte Testament in der Ursprache lesen und es besser verstehen zu können. Es hat mich sehr gefreut, dass wir uns sprachlich, aber auch kulturell sehr intensiv mit den Bibeltexten und Hintergründen beschäftigt haben und auch einen Einblick in das Jiddische und Neuhebräische erhalten konnten. Leider kann ich nicht fließend Hebräisch lesen, sprechen oder verstehen, profitiere aber trotzdem beim Bibellesen immer wieder von dem Wissen, das ich mir im Hebräischunterricht erarbeiten durfte.

Im Fach Hebräisch hatte ich unglaublich bereichernde Unterrichtsstunden in einer kleinen, gemütlichen Runde und die schönste mündliche Abiturprüfung, die ich mir hätte vorstellen können. Ich kann diesen Kurs und das Erlernen dieser beeindruckenden Sprache nur empfehlen. Es ist sehr wertvoll, um die Bibel, Gott und das Volk Israel besser kennenzulernen.“

Levin MerkelLevin Merkel

  • Abitur mit Hebraicum 2022 (Marienschule)
  • FSJ im Klinikum Bielefeld Mitte 2022/23
  • seit 2023: Medizinstudium an der Ruhr-Universität Bochum

Für mich war der Hebräischkurs eine große Bereicherung. In einer kleinen Gruppe lasen wir mehr als 2000 Jahre alte Texte in einer Sprache, die zum Teil zwar als „tot“ bezeichnet wird, aber immer wieder eindrucksvoll ihre Lebendigkeit beweist. Und auch die Aktualität dieser Texte ist beeindruckend: von politischer Korruption bis hin zu Freundschaftsbeziehungen sind die Themen sehr weit gefächert. Die vielen Informationen zur alttestamentlichen Lebenswelt helfen mir in der eigenen Bibellese, und auch die Unterrichtseinheiten zum modernen Israel und Jiddisch sind bereichernd. Ganz praktisch begleitet mich der Hebräischkurs, wenn ich in meiner Bibellese über die Namen im Buch Ruth nachdenke, die Rollenverteilung im Buch Jona mit einem Lächeln betrachte oder aber immer wieder den Einfluss des Jiddischen auf die deutsche Sprache entdecke.